Es ist schon erstaunlich, was seit dem 15. September 2008 – dem Tag der Pleite von Lehman Brothers – mit der Weltwirtschaft passiert. Es wird wohl lange dauern bis alle Facetten dieser in der Geschichte beispiellosen Katastrophe der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise nachgezeichnet werden können. Allenthalben melden sich Experten und geben der Politik Ratschläge. Viele übertreffen sich im Aktionismus und sind bereit nachfolgenden Generationen milliardenschwere Lasten aufzubürden. Gerhard Stratthaus äußerte sich hierzu in den BNN vom 20.01.09, „derzeit besteht die Gefahr, dass die politisch Verantwortlichen den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Die Regierungen bekämpfen die negativen Folgen der bisherigen Schuldenmacherei mit Hilfe neuer Schulden.“ Überall in der Welt häufen bereits hoch verschuldete Staaten weitere Schuldentürme als Antwort auf die letztendlich durch Schulden verursachte Krise auf.
Auch ein besonders schwerer wirtschaftlicher Einbruch darf nicht mit völliger Haltlosigkeit beantwortet werden. Eine nachhaltig Werte schöpfende Wirtschaftsordnung funktioniert so nicht. Unsolide Staatsfinanzen führen früher oder später nach aller historischer Erfahrung zu Inflation, Währungskollaps oder der Vernichtung privaten Vermögens. Die jetzt Lebenden und die auf uns folgenden Generationen haben ein elementares Menschenrecht darauf, dass unser Staat nicht auf Kosten der Zukunft agiert.
Wir dürfen jetzt nicht alle Grundsätze einer soliden Haushaltspolitik aufgeben. Wir müssen vielmehr die Gratwanderung zwischen Haushaltskonsolidierung und zielgenauen Konjunkturhilfen weiter gehen. Ziel muss es sein mit unseren Investitionsprogrammen Maßnahmen zu bündeln, die eine konjunkturstabilisierende Wirkung entfalten können ohne die Haushaltskonsolidierung der vergangenen Jahre im ersten starken Sturm zu opfern.
Aber wir wollen geplante und längst fällige Investitionen beschleunigen und vorziehen und dadurch Arbeitsplätze in unseren heimischen Betrieben sichern. Deshalb wollen wir auch die Chancen der Krise nutzen und so viel als möglich aus den von Bund und Land aufgelegten Konjunkturprogrammen für uns nutzen. Wir werden vor allem in die Köpfe investieren und damit nach Henry Ford unsere Zukunft sichern. Aber wir werden unsere Schulen in den kommenden Jahren nicht nur zur Stützung der Konjunktur sanieren und fit für die Zukunft machen, sondern vor allem deshalb, weil dies schon lange überfällig ist.
An zweiter Stelle wollen wir die aufgelegten Programme aber auch für die Verbesserung der Infrastruktur und der Verkehrsinfrastruktur nutzen. Mit den Planungen für die Ortsentwicklung in Mingolsheim und Langenbrücken sowie für die Südtangente ist außerdem eine höhere Verbindlichkeit für die mittelfristige Finanzplanung gegeben, und damit auch mehr Planungssicherheit in den kommenden Jahren.
Bewährt haben sich im abgelaufenen Jahr die Zusammenkünfte des Personalausschusses des Gemeinderates vor den Haushaltsberatungen sowie die Einbeziehung der Fraktionen. Diese Entwicklung sehen wir durch die - auf Vorschlag der CDU-Fraktion – Bildung eines Arbeitskreises „Schulentwicklung“ konsequent weitergeführt.
Dies dient einer kontinuierlichen Planung und vermeidet Irritationen zwischen Verwaltung, betroffenen Institutionen und Gemeinderat. Diese Einbindung wird den Gemeinderat frühzeitig an den Entscheidungsprozessen beteiligen, so wie es die Gemeindeordnung für den Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde vorsieht. Zu einem gedeihlichen Miteinander gehört aber auch die rechtzeitige Information des Rates z.B. über Ausschreibungen oder Planänderungen (GS Mingolsheim, Ringleitung Sportanlage).
Finanzpolitische Lage der Gemeinde
Dank sparsamer Bewirtschaftung sowie Minderausgaben einerseits und Mehreinnahmen durch die bessere Konjunktur, Steuern sowie Zuweisungen andererseits hat sich die finanzielle Situation der Gemeinde auch im abgelaufenen Jahr positiv entwickelt. Der vorgelegte Haushalt zeigt für das Jahr 2009 auf den ersten Blick zunächst einmal eine erfreuliche Entwicklung.
Wir möchten die Ansätze so beibehalten, denn wir wollen gegebenenfalls Reserven haben (Schulen!/Lohnforderungen im öffentlichen Dienst) oder bei nicht in Inanspruchnahme mit diesen Mitteln die Neuverschuldung abzusenken. Auch an anderer Stelle beinhaltet der Planentwurf wie jedes Jahr durchaus noch Reserven. Dennoch können wir den Plan als Zielvorgabe für das Jahr 2009 sehen.
Die Situation unserer Gemeindefinanzen stellt sich wie folgt dar: In 2009 werden im VWH ca. 21,9 Mio. € und im VMH ca. 6,4 Mio. € eingestellt. Die Relation 3,4 : 1 von VWH : VMH ist eher suboptimal (optimal: VWH 2 : VMH 1), wobei sich die Finanzausstattung des VMH mit mehr als 1,8 Mio. € aus Rücklagenentnahmen und Kreditaufnahmen speist und nicht selbst erwirtschaftet ist.
Der Plan zeigt einerseits eine Zuführungsrate aus dem VWH zum VMH in Höhe von ca. 2,5 Mio. €. Auf der anderen Seite stehen jedoch auch Kreditaufnahmen in Höhe von 800.000 €. Die Rücklage von mehr als 1,6 Mio. € übertrifft trotz der Entnahme um ca. 1 Mio. € die vorgeschriebene Höhe um fast das Vierfache.
Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahr gehen wir in der Größenordnung von 1,800.000 € ein, hauptsächlich für die Schulen. Diese werden unsere finanziellen Möglichkeiten im nächsten Jahr gewaltig einschränken, es sei denn es tun sich zusätzliche Töpfe auf.
Die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern werden nicht erhöht. Die Gebühren bei Wasser, Abwasser und Müll bleiben auf dem Stand des Vorjahres, ebenso die Friedhofs-gebühren. Bei der Jugendmusikschule gibt es einerseits eine Anpassung der Gebühren um 7%, auf der anderen Seite hat die CDU aber auch vorgeschlagen, die Deckelung um die jährliche Preissteigerungsrate zu erhöhen. Somit beträgt der Gemeindezuschuss nunmehr 174.000 € anstelle der eigentlichen 160.000 €.
In den letzten beiden Jahren konnten wir den Schuldenstand verringern. In diesem Jahr verzeichnen wir wieder eine Zunahme der Nettoneuverschuldung um 370.600 €. Damit beziffern sich unsere Schulden in der Vorlage auf 665 € je Einwohner (Kämmerei 466 € und Wasserwerk 199 €).
Daher ist trotz der zunächst positiven Zahlen Vorsicht bei kommenden Planungen und Begehrlichkeiten angebracht. Man muss gerade auch heute jede Maßnahme genau hinterfragen. Trotzdem werden wir investieren, um unser Anlagevermögen zumindest zu erhalten und um die Entwicklung der Gemeinde voranzutreiben, und wir dürfen nicht nur über die momentane Finanz- und Wirtschaftskrise klagen, sondern wir sollten auch unseren Beitrag zur Verbesserung der Wirtschaftslage leisten und uns antizyklisch verhalten – zumal wir mit unseren Ansätzen keine konsumtive Ausgabenpolitik betreiben werden.
Verwaltungshaushalt
Auch bei den momentan noch guten Gemeindefinanzen müssen wir die Verwaltungsreform („Neues Steuerungsmodell“) weiterhin engagiert vorantreiben, unsere Potenziale erschließen und noch Effektivität und Effizienz prüfen – zumal sich mit der Einführung der doppelten Haushaltführung in absehbarer Zeit unsere Zahlen nicht zwingend ins Positive ändern werden. Unser eigen erwirtschafteter finanzieller Spielraum verringert sich seit Jahren (Verhältnis VWH – VMH). Wir müssen zukünftig mehr Gewährleistungs- als Dienstleistungskommune (Personalquote im VWH: 23,08%) sein.
Wofür geben wir unser Geld aus? Nehmen wir zum Beispiel unsere Hallen und das Hallenbad. Einnahmen von 38.600 € stehen hier Ausgaben von ca. 973.000 € gegenüber. Unsere Maßnahmen aus dem Jahr 2005 bringen inzwischen keine Verbesserung des Kostendeckungsgrades mehr (3,9%, 2008: 5,3%, 2007: 5,4%). Beispiel Kindergärten: Für ca. 145 Kinder in den kommunalen Kindergärten und der im Frühjahr öffnenden Kinderkrippe geben wir Zuschüsse für den laufenden Betrieb in Höhe von 553.400 €. Die Zuschüsse für die konfessionellen Kindergärten mit zusammen ca. 350 Kinder belaufen sich auf 736.250 €. Aber nicht nur wegen des finanziellen Engagements der Kirchen steht die CDU-Fraktion für den Erhalt und den Ausbau der konfessionellen Einrichtungen, sondern auch weil mehr als die Hälfte unserer Kinder die kirchlichen Kigas besuchen.
Weitere Möglichkeiten für Ausgabenkürzungen sehen wir im Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit und in der Realisierung privatwirtschaftlicher Lösungen. Ich erinnere hier an die Verwaltungsgemeinschaft mit Kronau. Mehr gemeinsames Handeln liegt im Interesse beider Gemeinden. Bereits in den letzten Jahren hat die CDU-Fraktion die Frage gestellt, ob wir alle bisherigen Dienstleistungen (Gärtnerei!) in der bisherigen Form bereitstellen müssen und in diesem Jahr zeigt die Verwaltung nunmehr auch die Bereitschaft dieses Thema anzugehen. Für uns gilt jedoch, dass dies nur schrittweise und ohne Kündigungen, also nur bei alters- oder arbeitsunfähigkeitsbedingtem Ausscheiden von Mitarbeitern umgesetzt wird.
Ein Thema, das uns in der Zukunft weiter beschäftigen wird, sind die Schulen. Wir sehen Kinderbetreuung und Schulen als eine Einheit und unsere Mitbürger erwarten für die Schulen sicherlich die gleiche hohe Qualität, die wir mit diesem Haushalt wiederum im Bereich Kinderbetreuung und Krippen gewährleisten. Lobend erwähnt sei hier die freiwillige Kostenübernahme in Höhe von 20% durch das Land, aber auch die ca. 335.000 € für neue Räume der Realschule in 2008.
Unsere Zustimmung zur Übernahme der Arbeitserzieherstelle in den Personalplan findet durch einen messbaren Output nicht nur bei der Franz-Josef-Moneschule sondern auch bei der Gemeinde in Form einer praxisgerechten Jugendarbeit (Bericht zur Jugendarbeit) nachträglich ihre Berechtigung. Hier rechnen wir weiterhin mit ESF-Mitteln.
Nach den positiven Reaktionen auf den engagierten Bericht unserer Bibliotheksleiterin im Gemeinderat haben wir auch hier gehandelt und die Personalstelle um 4 Wochenstunden aufgestockt. Des Weiteren stellen wir der Gemeindebibliothek für Neubeschaffungen nun 6.000 € zur Verfügung.
Wichtig ist uns die optimale Ausstattung unserer Feuerwehr. Nach der Beschaffung der neuen Löschfahrzeuge investieren wir im Jahre 2009 in die neuen Einsatzjacken. An dieser Stelle sei den Freiwilligen für ihren wertvollen Dienst an der Allgemeinheit gedankt
Wir bedanken uns für die Kostenübernahme der Notfallhilfefahrzeuge durch die Emil-Philipp-Stiftung und wir wollen uns hier bei den vielen Freiwilligen von DRK/DLRG für ihr lobenswertes Engagement bedanken. Ein ganz großes Dankeschön geht an dieser Stelle auch an alle Bürgerinnen und Bürger, die sich aktiv in der Gemeinde einbringen, in den Vereinen und/oder finanziell, und an die Stiftungen in der Gemeinde. Ohne dieses Engagement wäre die Gemeinde um vieles ärmer.
Vermögenshaushalt
Subtrahieren wir die Mindestzuführungsrate zur Rücklage von ca. 424.800 € von der erwirtschafteten Zuführungsrate vom VWH von 2.513.400 € nach Abzug der Neukredite in Höhe von 800.000 € und der geplanten Rücklagenentnahme in Höhe von 1.060.700 €, so bleiben dieses Jahr 227.900 € als reale Investitionsrate bei einem Haushaltsvolumen von 28.305.300 €. Das ist mehr als in 2008 aber auch nicht allzu üppig und belegt, dass ohne Griff in unsere Sparbüchse und die Kreditaufnahme die geplanten Investitionen im VMH nicht möglich wären. Wir tun dies aus o.a. Gründen (Investitionsbedarf in Schulen, Konjunktur)
In diesem Jahr gehen wir in enger Zusammenarbeit mit den Schulen an die Umsetzung des von der CDU-Fraktion initiierten Schulentwicklungsplanes. Konkret geht es um die Sanierung der GS Mingolsheim und den Investitionen für die Realschule in Höhe von fast 2 Mio. € allein in 2009. Mit diesem Plan und dem ebenfalls von der CDU initiierten Arbeitskreis „Schulentwicklung“ haben wir die geeigneten Instrumente an der Hand, um die Entwicklung der Schulen am Ort quantitav und qualitativ weiter führen zu können. Wir danken den Schulleitungen für ihr Verständnis, dass nicht alle Maßnahmen aus dem Plan auf einmal realisiert werden können, und für ihre Kooperation bei der Erstellung von Prioritätenlisten. Dies bedeutet aber auch, dass Investitionen im Schulbereich auch in den kommenden Jahren auf uns zukommen werden (z.B.Sanierungen, Ganztagesschule).
Beim Projekt Zentrale Sportanlage freuen wir uns auf die baldige Vollendung und Eröffnung. Erste Schritte zur Sanierung „Mingolsheim III“ sind in diesem Zusammenhang inzwischen eingeleitet. Bei der Finanzierung der Sportanlage ist die Gemeinde, wie bereits gesagt, nur treuhänderisch tätig. Spielräume für unsere Gemeindefinanzen sehen wir eventuell noch bei den von der Gemeinde zu erstellenden Gemeinschaftsanlagen (Kleinsportfeld, Beachvolleyball)
Mehr Wohnqualität für die Bewohner werden die Sanierung der Donauschwabenstraße (mit Umsetzung des Gewässerentwicklungsplans) und die weiteren Maßnahmen der Ortskernsanierung Langenbrücken (Huttenstr./ Römerstr.). Für weitere Bereiche, z.B. die Hauptstraße (kath. Pfarrkirche) erwarten wir von der Verwaltung, die Planungen von Müller-Hertlein und Brust+Partner in Übereinklang zu bringen, diese dann auch der interessierten Öffentlichkeit vorzustellen und in die Tat umzusetzen (Public Private Partner-ship!). Stichwort: „Verborgene Schönheit ans Licht holen“, BNN, 23.01.2009 und das meinen wir ganz konkret und nicht nur als Zeitungsbericht.
Ein großer Schritt hin zur Entlastung der Menschen im Bereich Brückenstraße/Damm-straße/Ewald-Renz-Straße aber vor allem auch eine riesige Chance für Bad Schönborn als Wirtschaftsstandort stellt die Anbindung der Gewerbegebiete „Oberes Neufeld“ und „Gewerbepark Renz“ an die K 3575 (Südtangente) dar.
Wir hoffen, dass in den kommenden Jahren die in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Rücklagenentnahmen und Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich nicht vollständig in Anspruch genommen werden müssen, obwohl durch die Haushaltssystematik die Luft für uns wohl wieder dünner werden wird.
Da für den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung verlässliche Einnahmen notwendig sind, ist neben der Erledigung unserer eigenen Hausaufgaben auch der Gesetzgeber gefragt.
Unter eigenen Hausaufgaben verstehen wir wie im vergangenen Jahr regelmäßige Zusammenkünfte der Ausschüsse, des Personalausschusses vor den Haushaltsberatungen und der Arbeitskreise, aber auch die rechtzeitige Information des Gemeinderates durch die Verwaltung (hier sehen wir noch Verbesserungsbedarf) sowie einen verbindlichen Investitionsplan im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung.
Wir erwarten, dass die Finanzverwaltung - wie im vergangenen Jahr - die Kerndaten des vorliegenden Etats in Form eines abgespeckten Bürgerhaushalts im Gemeindeblatt veröffentlicht wird.